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catch and release

Catch and Release - meine Meinung

von Martin Sack

Martin, 04.10.10

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In eigener Sache vorab: Alle von mir oder auf den Touren in meinem Beisein gefangenen Fische werden zu 95% wieder zurückgesetzt. Alle unversehrten Fische ab 90cm kommen ausnahmslos ins Wasser zurück.

Warum ist das Thema so wichtig?
 
In vielen Ländern Europas wird zum grössten Teil Catch & Release betrieben, also das zurücksetzten gefangener Fische. In Deutschland ist dieser Umgang mit der geangelten Beute gesetzlich untersagt: Es muss ein “vernünftiger Grund“ vorliegen, um ein Wirbeltier Qualen zufügen zu dürfen. Diese sind nach deutscher Rechtsprechung nur dann vorhanden, wenn das Bestreben der Nahrungsbeschaffung zugrunde liegt. Da unser Hobby massgeblich von den Fischbeständen abhängt und wir gleichermassen eine Verantwortung für unser Handeln tragen entstehen zu diesem Thema immer wieder hitzige Debatten in Anglerkreisen. Also möchte auch ich hierzu möglichst objektiv Stellung beziehen.

 
Welche Gründe sprechen gegen ein generelles C&R?

* Setzen wir einen maßigen Fisch zurück, haben wir ihm nur dem reinen Angelvergnügen halber Leiden zugeführt.

* Ein in freier Wildbahn gefangener Fisch ist für die Natur möglicherweise verträglicher als den geangelten Fisch zurückzusetzen und im gleichen Zug ein Meeresfisch zu kaufen - ganz nach dem Motto : “Was aus der Dose kommt interessiert mich nicht”. Ebenso sind Fischzuchten und Farmen Ausgang von Krankheiten und Seuchen.

* Wer die Tiere, die er isst, selber töten muss, bekommt einen andern Bezug zur Natur und wird sich seiner Verantwortung bewusst - unerlässlich für einen respektvollen Umgang mit der “Ware Fleisch”, wie sie sonst aus der Massentierhaltung auf unseren Tisch gelangt.


Welche Gründe sprechen für ein generelles C&R?

* Das Zurücksetzen schont unsere Fischbestände - aus ökologischer Sicht und auch im Eigeninteresse.

* Es gibt zu viele Angler auf zu wenig Angelgewässer - das ökologische Gleichgewicht zwischen Jäger Mensch und Beute Fisch ist längst aus der Waage.

* Fangregelungen könnten bei kompletter Entnahme nur durch Angelbegrenzungen stattfinden: Aber sollte es nicht gerade das Bestreben umweltschützender Massnahmen sein, so viele Menschen wie möglich zurück in die Natur zu führen? Denn nur durch einen direkten Bezug, auch den Eigennutz, werden wir wirklich dazu angetrieben, unsere Gewässer auch nachhaltig zu bewahren und darüber hinaus weitreichenden Naturschutz zu betreiben.

 
Mein eigener Kompromiss

Naturschutz bezieht sich in Deutschland meist vorrangig auf die Qualen eines einzelnen Tieres. Wesentlich weniger enthusiastisch fragen wir uns, warum es bei uns überhaupt kein wirklich ursprüngliches, funktionierendes Ökosystem mehr gibt - sowohl auf dem Land als auch im Wasser. Unsere Bevölkerungsdichte hat die Landschaft in ein Schachbrettfeld aus Wäldern, Wiesen und Feldern verwandelt. Der Gedanke, eine natürliche Ursprünglichkeit zu bewahren, klingt fast schon zynisch - dennoch sollte es unser aller Interesse sein, ein Stück Natur mehr oder vielleicht sogar Wildnis wieder herzustellen!

Zurück zu den Wurzel würde bedeuten: Wir sind alle wieder Jäger und Sammler ohne Massentierhaltung und Ackerbau. Das ist jedoch nicht möglich: Die Natur kann uns längst nicht mehr aus eigener Kraft ernähren! Sollten wir uns deshalb aus ihr komplett zurückziehen? Mit der Jagd sind wir mit unserem Ursprung tief verwurzelt, eine Entfremdung führt unweigerlich zum Desinteresse.

Angeln führt uns in die Natur zurück, schafft soziale Kontakte, bringt aktiv betrieben körperliche Bewegung und ist letztendlich auch ein wirtschaftlicher Faktor. Also sollte es unser aller Besterben sein, diese Grundlage nicht zu zerstören und maßvoll mit unseren Ressourcen umzugehen.

Bei der Entnahme von Fischen sollte man sich überlegen, wie viel Befischungsdruck das jeweils Gewässer bezogen auf die Fischart verträgt. Besonders kritisch wird es dann, wenn die Fische nicht mehr dem Eigenbedarf dienen, sondern kommerziell vertrieben werden. Wenn man einmal gesehen hat, wie in Spanien an einem Tag 50 Zander über den Filetiertisch gehen, dann ändert man seine Meinung vielleicht - fangen doch in “normalen” Vereingewässern viele Angler weniger Zander in ihrem ganzen Leben. Ebenso kapitale Fische: Benötige ich wirklich eine Trophäe? Ist ein ausgestopfter und verstaubter Fisch denn ein “vernünftiger Grund”?

Für mich heisst es daher: Catch & Release mit maßvoller Entnahme einiger Fische für den Eigenbedarf!


Aber bitte mit gleichem Mass!

Catch & Release wird oft von Anglern betrieben, die sich einer bestimmten Fischart verschrieben haben - und ihre Prinzipien auch nur dort umsetzen! Aber wenn ich mich strikt dafür einsetze, alle Hechte zu schonen, warum schlage ich dann im gleichen Zug alle Lachse und Forellen ab? Oder ich bin Waller-Releaser und nehme aber alle Zander mit. Oder als Karpfenangler sind mir alle Raubfische gleichgültig. Leider ist mir ein solches Verhalten oft begegnet. Das ist besonders ärgerlich, wenn die angeblichen Releaser nur “ihre” Fischart als “heilige Kuh” betrachten und andere Angler ermahnen, wenn sie vielleicht sogar ein nur verletztes Tier mitnehmen. Wir sollten also aufpassen, dass wir nicht nur an uns selber denken - wir sind alle gleichberechtigte Angler.


C & R, aber richtig!


Es ist weiterhin fragwürdig, wenn man unter Catch & Relese das reine Zurücksetzen des Fisches versteht - ohne darauf Acht zu geben, das Tier in einem unversehrten, überlebensfähigen Zustand in die Freiheit zu entlassen. Daher noch ein paar Hinweise für einen schonenden Umgang mit der Beute:

* Das Gerät richtig wählen: Der Fisch muss sicher gedrillt werden, es kommt zu keinen Abrissen. Grössere Fische werden nicht unnötig lange gedrillt. Es werden die schonendsten Haken und Montagen gewählt.

* Biss: Der Anschlag wird so früh wie möglich gesetzt. Lieber wird ein Fisch verschlagen als ein zu tiefes Schlucken zu riskieren!

* Landung: Gerade bei Fischen mit grossem Gewicht (Waller) ist darauf zu achten, dass sie nicht mit ihrem Bauch über die Bordkante des Bootes gezogen werden.

* Nach dem Fang: Ablage ausschliesslich auf einer Plane oder glatten Untergrund.

* Haken lösen: Vorsichtig Haken lösen, ruhig Zeit lassen: Bei Haken im Kiemenbogen die Spitze zum schonenden Hakenentfernen mit einer Zange abkneifen.

* Fotos: Schwere Fische nicht stemmen oder insbesondere am Bauch einquetschen. Waller nicht an den Brustflossen hochstemmen - sie können dabei brechen! Am Besten: Fotos im Wasser.

* Verwundungen: Blutende Fische so schnell wie möglich ins Wasser da nur hier die Blutung stoppen kann. In diesem Fall auf Fotos verzichten! Im Wasser kann man dann beobachten, ob sich das Tier wieder erholt.

* Du hast einen weiteren Tip? Dann teile ihn mir bitte mit!


Hinweis
Natürlich setzte ich Fische nur dort zurück, wo es gesetzlich erlaubt ist.